Geschrieben von niels
Datum: Freitag, 08. April (08.04.2011)

Das offene Betriebssystem feiert seinen 20. "Geburtstag" - und die Geschwister BSD gratulieren...

Das offene Betriebssystem feiert seinen 20. "Geburtstag" - und die Geschwister BSD gratulieren...

Linux wird zwanzig Jahre! Was geht mich das an?

Wer sich heute im Web bewegt und wie selbstverständlich Dienste a la Google, Yahoo, Amazon oder auch soziale Netzwerke wie Facebook, XING nutzt, benutzt bereits Linux.

Selbst wer offener (Open Source) Software auch außerhalb des Internets aus dem Weg gehen wollte - er würde es kaum noch schaffen.

Das Open Source Betriebssystem treibt selbst an den namhaften Forschungszentren die größten Rechnerarchitekturen an (so auch die Rechner am CERN - den aktuell größten Teilchenbeschleuniger der Welt). Gerade in der letzten Dekade wechselten die größten 500 Rechner der Welt von 96 Prozent Unix zu 96 Prozent Linux. In 2010 fanden bereits über 72% der weltweit getätigten Aktiengeschäfte auf Linux-Systemen statt.

Das ehemalige Argument: "Linux sei eine Software für Technik-Geeks oder den Wissenschaftsbereich" dürften Realisten schon lange an den Nagel gehängt haben.

Die immer wieder gehörte Frage "wann erreicht Linux Windows", stellt sich so inzwischen gar nicht mehr - das stellen selbst die "Linux-Veteranen der ersten Stunde" auf Ihrem Symposium in San Francisco fest.

Kaum ein mittelständisches Unternehmen kann es sich noch leisten, eine IT ohne Linux-Servern zu betreiben (große dagegen schon lange nicht mehr).

Und die Geschwister?

Daneben gibt es bereits in fast jedem Unternehmen und Haushalt mindestens ein "Linux".

Aber das Linux als "Open Source Unix" hat einige nicht weniger relevante Geschwister (wenn auch im Volksmund bisher weniger bekannt) wie z.B. die *BSDs (NetBSD, FreeBSD, openBSD) oder auch openSolaris, Gnu Hurd u.a. - so werden z.B. die Mehrheit aller heutigen Internet-Router mit Open Source Betriebssystemsoftware gefertigt, die Software von immer mehr Haushaltsgeräten basiert auf Linux / Open Source - fast immer ohne das Wissen des jeweiligen Besitzers und Anwenders.

Aber auch immer mehr Endgeräte wie die ganzen "PADs", "Smartphones", Geräte für's Home-Entertainment wie Videorecorder und Unterhaltungselektronik kommen inzwischen mit Linux-oder Open-Source-basierter Software daher. Während NetBSD als das Betriebssystem gilt, das auf den meisten wie verschiedensten Plattformen und Architekturenlaufen kann, gilt openBSD vornehmlich als ein auf höchste Sicherheit getrimmtes OS, was daher häufig in z.B. Firewalls und Sicherheitssystemen werkelt. FreeBSD gilt wiederum als besonders benutzerfreundlich (was auf dem Level sicher auch Geschmacksache ist) und ähnelt Linux aus der Sicht seiner Anwender in vielerlei Hinsicht am meisten.

Das aktuell unter Googles Federführung ausgebaute Android Linux System für Mobiltelefone und Mobilgeräte wird auf immer neuen Endgeräten zu erwarten sein. Apples Mac OS, was neben deren PCs und Notebooks auch iPhone, iPad und iPod antreibt, hat Apple auf Basis des NetBSD Systemkernes entwickelt (denn BSDs erlauben explizit auch die kommerzielle Verwertung von Open Source Code).

Der Desktop - die "Königsdisziplin"?

Das in der Breite ehemals bekannteste Betriebssystem Microsoft Windows wurde und wird stetig immer weiter in Nischen gedrängt - z.B. hat Microsoft mit seinem OS gerade mal noch auf dem Desktop-PC die Nase vorn.

Aber auch dort "wackelt" der Thron inzwischen merklich. Galt z.B. Apples Rechentechnik vor wenigen Jahren noch eher als "Nischenprodukt" für Grafik- und Videoaffine Berufler aus Medien- und Werbeindustrie sowie finanziell besser gestellten Privatanwendern, wechseln inzwischen immer mehr Anwender (vor allem im Notebookbereich) zu Apples Produkten mit dem Unixoiden Betriebssystem, welches Apple ab Version 10 aus Basis von NetBSD (einem ebenfalls unter Open Source Lizenz verteiltem Unix-Klon und somit quasi "Schwester" von Linux) neu entwickelte.

Geschwister "POSIX"

Mit stetig neuen Geräten wie Gerätetypen sind inzwischen immer mehr Betriebssystemlösungen auf Open Source Basis in Umlauf, die zwar auf verschiedenen offenen Betriebssystemen (Linux, NetBSD, FreeBSD, openBSD u.a.) basieren, aber mit der selben Software umgehen können.

Verantwortlich hierfür ist eine wichtige "genetische" Gemeinsamkeit aller Geschwister - der POSIX Standard.

Ein großer Vorteil, der sie eint ist der POSIX Standard, der es ermöglicht, das die selbe für das eine entwickelte Anwendungsprogramm auch ohne oder mit nur geringem Aufwand auf allen anderen "Verwandten" laufen kann.

POSIX inkonforme Betriebssysteme werden es zukünftig wohl immer schwerer haben, größere Märkte zu besetzen. Microsoft Windows z.B. war nie und wird technologiebedingt wohl auch nicht POSIX-konform werden können.

Software- / Paketmanagement

Darüberhinaus fehlt Microsofts Betriebssystemen bis heute eine brauchbare Software-Management / Paketmanagement Lösung. Während heutige Anwender Software nach Bedarf und ohne technische Rücksichten einfach per Klick über das Internet z.B. aus "App-Stores", aus Linux-Repositories oder von Paketsammlungen auf CD/DVD installieren und nutzen können, die Anwendung bei Bedarf ebenso sauber und rückstandsfrei per Klick entsorgen / deinstallieren können, so ist jede Softwareinstallation unter Windows bis heute mit aus Nutzersicht unkalkulierbaren Risiken und Unwägbarkeiten verbunden und niemand weiß, ob schon die nächste installierte Software nicht das gesamte System destabilisiert.

An eine saubere Deinstallation einmal installierter Software ist unter Windows bis heute ebensowenig zu denken wie wirklich flexible, hardwareunabhängige mobile Installationen zum Mitnehmen auf USB-Stick oder wo auch immer.

Politik

Noch vor wenigen Jahren prophezeite der Microsoft Chef Deutschlands in seiner Rede von der Bundestag, Linux sei ein Betriebssystem "ohne tragende Anwendungen". "Linux sei Gift" für die deutsche Wirtschaft, behauptete er "und damit erhebliches Risiko für zigtausende deutsche Arbeitsplätze".

Was er damit meinte bleibt unklar. Als wenn man Textverarbeitungen oder MS Outlook gegenüber den typischen Linux-Einsazgebieten als "tragend" bezeichnen könne. Aber selbst dort rennt die Entwicklung den Redmondern davon - hat man sich doch zulange mit dem Boykottieren von internationalen Standards und offenen Formaten zum Nachteil der Anwender / Kunden von Microsofts Softwareprodukten beschäftigt.

So wechseln momentan mehr Anwender pro Woche vom Browser Internet Explorer zu z.B. dem offenen Softwareprojekt Firefox, als Microsoft Neulizenzen verkaufen kann. Seit diesem Jahr hat Firefox den Internet Explorer in Europa sogar in der Verbreitung bei den Nutzern überholt.

Ähnlich bröckelt die Produktstrategie bei "Klassikern" wie MS Office, was immer mehr Unternehmen von groß bis klein wie Privatanwender durch das offene (und damit wiederum kostenfreie) Open Office oder dessen neue Schwester "LibreOffice" ersetzen. Ähnlich geht es inzwischen im Email und Groupwaresektor daher, den MS bisher mit Outlook und Exchange dominierte. Die Nutzer entdecken, das ein Emailprogramm mehr ist, als Outlook kann bzw. bietet und Groupware auch geräte- wie plattformübergreifend funktionieren kann - ohne teure um teure Zusatzprodukte kaufen zu müssen oder sich einer einzigen Produktplattform unterwerfen zu müssen.

Inzwischen lernen Anwender, das Open Source nicht zuallererst "kostenlose" bzw. "billige" Software bedeutet, sondern eine ganz neue Qualität und Anwenderorientierung in der Softwarewelt.

Dennoch hält die deutsche Politik weithin fest an den traditionellen Allianzen mit Microsoft - und geht damit einen vergleichsweise entgegengesetzten Weg zu denen anderer europäischer Länder oder gar den USA selbst, wo inzwischen immer mehr Verwaltungen und behörden auf Open Source umsteigen.

Der von MS prophezeite wirtschaftliche "Gau" für Deutschland oder andere Länder ist nicht eingetreten - ganz im Gegenteil, denn endlich bietet ein freier Wettbewerb den IT-Unternehmen vor Ort eigene Produkte zu bauen und anzubieten - gänzlich unabhängig von Allianzen mit einem US-Unternehmen.

Das mit einiger Sicherheit ein Großteil der in Deutschland generierten Lizenzeinnahmen Microsofts bisher wie zukünftig in die USA abfließt - während deutsche Open Source Unternehmen alles brav in Deutschland verdienen wie versteuern, hat manch deutscher Bundestagsabgeordnete in der ganzen Hysterie womöglich übersehen.

POSIX IEEE Standard Der IEEE Standard
POSIX Portable Operating System Interface (Wikipedia)